Demenzrelevante Indikatoren in Gesundheitsmonitorings

Diabetes, Schwerhörigkeit oder Depressionen – Daten des kontinuierlichen Gesundheitsmonitorings am RKI können zeigen, wie sich die Verteilung von potenziell vermeidbaren Demenz-Risikofaktoren in der Bevölkerung entwickelt. Welche Handlungsbedarfe sich daraus für die Prävention von Demenzerkrankungen ergeben, erforscht das RKI im Rahmen der Maßnahme 4.2.3 der Nationalen Demenzstrategie.

Für das Gesundheitsmonitoring beobachtet das Robert Koch-Institut (RKI) kontinuierlich Entwicklungen im Krankheitsgeschehen sowie im Gesundheits- und Risikoverhalten in allen Altersgruppen. Mithilfe der Daten können Trends und Veränderungen der gesundheitlichen Lage in Deutschland sichtbar werden, woraus sich wiederum Präventionsmaßnahmen ableiten lassen. Eine besondere Bedeutung kommt 12 vermeidbaren Risikofaktoren zu, die in unterschiedlichen Lebensaltern besonders relevant sind. Hierzu zählen soziale und umweltassoziierte Determinanten der Gesundheit (niedrige Bildung, soziale Isolation, Luftverschmutzung), gesundheitsrelevante Verhaltensweisen (Bewegungsmangel, riskanter Alkoholkonsum, Rauchen) und bestimmte Vorerkrankungen (Adipositas, Bluthochdruck, Depression, Diabetes mellitus, Hörverlust, Schädel-Hirnverletzungen). Sie gelten unter anderem als Risikofaktoren, die Demenzen wahrscheinlicher machen. Für fast alle dieser Faktoren werden bereits jetzt Informationen im Rahmen des kontinuierlichen Gesundheitsmonitorings erhoben. Für die Maßnahme 4.2.3 der Nationalen Demenzstrategie hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) das RKI damit beauftragt, diese Indikatoren in längerfristig angelegten Studien des bundesweiten Gesundheitsmonitorings zu integrieren. Bereits verfügbare Daten sollen über periodisch wiederkehrende Datenerhebungen ergänzt werden und damit Zeitreihenanalysen ermöglichen. Befragungs- und Untersuchungsdaten sollen dabei nach Möglichkeit mit routinemäßig verfügbaren Daten zur sekundären Nutzung (z. B. Krankenkassendaten, umweltbezogene Daten) verknüpft werden. Mit der Studie Gesundheit 65+ verfügt das RKI über ein aktuelles Beispiel wie solche Verknüpfungen gelingen können. 

Die "Studie zur Gesundheit älterer Menschen in Deutschland - Gesundheit 65+"

Die Studie Gesundheit 65+ ist ein vom BMG gefördertes Projekt zur besseren Einbindung der Bevölkerung ab 65 Jahren in das Gesundheitsmonitoring des RKI. Über ein innovatives, an die Bedarfe älterer Menschen angepasstes Studiendesign konnte auch hochaltrigen und gesundheitlich eingeschränkten älteren Menschen eine Teilnahme ermöglicht werden. Aus logistischen Gründen musste die Zielgruppe allerdings auf die in Deutschland lebende Bevölkerung ab 65 Jahren mit ausreichenden Deutschkenntnissen begrenzt werden. Gesundheit 65+ ist eine Längsschnittstudie mit wiederholten Befragungen und einer abschließenden Untersuchung im Hausbesuch. Insgesamt beteiligten sich 3.694 Personen im Alter von 65 bis 100 Jahren an der Basisbefragung. Ein hoher Anteil nahm an den Folgebefragungen und knapp 1500 Personen an der Untersuchung teil. Aus der Studie Gesundheit 65+ liegen u. a. auch Daten zu einer Reihe von präventionsrelevanten Demenz-Risikofaktoren und kognitiver Funktionsfähigkeit vor:

Befragungsdaten

  • soziodemografische Informationen (z. B. Alter, Geschlecht, Bildung)
  • Rauchen
  • Alkoholkonsum
  • Körperliche Aktivität
  • (Schwerwiegende) Hörbeeinträchtigung
  • Diabetes mellitus
  • Schlaganfall
  • Depressivität
  • Subjektiv wahrgenommene Gedächtnisverschlechterung
  • Soziale Unterstützung und Kontakte sowie das Empfinden von Einsamkeit
  • Einschränkungen in Aktivitäten des täglichen Lebens z. B. im Zusammenhang mit Körperhygiene, leichter Hausarbeit oder dem Erledigen finanzieller Verwaltungsangelegenheiten

Untersuchungsdaten

  • Adipositas
  • Bluthochdruck
  • Kognitive Funktionsfähigkeit

Erste Analysen zeigten, dass ca. 50% der Befragten von mindestens mittelgradigen, 17% sogar von schwerwiegenden Höreinschränkungen berichten. 20% geben an, an Diabetes mellitus erkrankt zu sein, und ca. 11% an Depressionen. Rund 90% der Befragten hatten im letzten Monat persönlichen Kontakt zu Freund:innen und Familie, gleichzeitig fühlten sich 19% der Befragten einsam, darunter ist der Anteil an Frauen sowie Hochaltrigen höher.

Weitere Gesundheitsdaten liegen aus den (Folge-)Befragungen (z. B. COVID-19 Infektionen und Schutzimpfungen) und der Untersuchung (z. B. standardisierte Erfassung zur Arzneimittelanwendung) vor. Ebenso gab ein großer Teil der Teilnehmenden die Einwilligung zur Verknüpfung der erhobenen Daten mit Daten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und umweltbezogenen Daten (z. B. Feinstaubbelastung) über geografische Informationssysteme.

Die Studienbeschreibung und erste querschnittliche Ergebnisse der Studie Gesundheit 65+ hat das RKI im Journal of Health Monitoring veröffentlicht (auch in englischer Sprache). Ebenso wurden wichtige Informationen und Kernergebnisse in einer Broschüre für Studienteilnehmende allgemeinverständlich aufgearbeitet.

Wie geht es weiter?

Der vollständige Datensatz zur Studie Gesundheit 65+ einschließlich der Daten aus Folgebefragungen und Untersuchung wird aktuell aufbereitet. Im RKI werden Analysen zu Häufigkeit und Verteilung von präventionsrelevanten Demenzrisikofaktoren, allein und in Kombination durchgeführt. Dabei werden auch Daten zur Häufigkeit und Verteilung von subjektiv empfundener Gedächtnisverschlechterung und gemessener kognitiver Funktionsfähigkeit (d. h. Untersuchungsdaten) eingeschlossen. Analysen mit Verknüpfung von Krankenkassendaten werden in Zusammenarbeit mit dem Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (Zi) erfolgen. Für weitergehende Datenverknüpfungen (z. B. mit umweltbezogenen Daten) sind zusätzliche Ressourcen notwendig und könnten in Forschungskooperationen eingeworben werden. Perspektivisch wird bereits an einer Verstetigung und einer breiteren Verankerung des Themas Prävention von Demenz im Lebensverlauf gearbeitet, so das RKI. Anfragen zu Forschungskooperationen können an das Forschungsdatenzentrum des Robert Koch-Instituts gerichtet werden.

Eine Bewertung der Ergebnisse für die Prävention von Demenzerkrankungen wird in Zusammenarbeit mit Akteur:innen aus Public Health Forschung, Öffentlichem Gesundheitsdienst und Versorgungsforschung vorgenommen. Dabei sollen Vertreter:innen der Zielgruppe (Menschen ab 65 Jahren in Deutschland) einbezogen werden. Die Ergebnisse werden für die verschiedenen Adressatengruppen in adäquater Form aufbereitet werden.

 

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