"Nachgefragt" - Bundesministerium für Bildung und Forschung

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Thomas Romes, Ständiger Vertreter der Leiterin der Abteilung „Lebenswissenschaften“ im Bundesministerium für Bildung und Forschung
Thomas Romes, Ständiger Vertreter der Leiterin der Abteilung "Lebenswissenschaften" im Bundesministerium für Bildung und Forschung

Die eigenverantwortliche Umsetzung der Maßnahmen der Nationalen Demenzstrategie durch die Akteure ist für die Öffentlichkeit nicht immer leicht nachzuvollziehen. Daher haben wir bei den Akteuren nachgefragt. Thomas Romes, Ständiger Vertreter der Leiterin der Abteilung "Lebenswissenschaften" im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beantwortet hier unsere Fragen.

Das BMBF sieht Bildung und Forschung als entscheidend für die Zukunft Deutschlands an. Daher arbeitet es daran, im schulischen Bereich bessere Startchancen für alle Kinder zu ermöglichen, unabhängig von ihrer Herkunft. Denn eine gute Bildung bereitet alle Bürgerinnen und Bürger auf die Herausforderungen einer sich rasch verändernden, stark globalisierten Welt vor.

Forschung hilft, Neues zu entdecken und Bekanntes besser zu machen. Davon profitieren Gesellschaft und Wirtschaft unmittelbar. Zugleich will das BMBF noch mehr Innovationen in der Wissenschaft und den Transfer dieser in die Anwendung fördern. Durch die Gestaltung von Rahmenbedingungen für exzellente Forschung ermöglicht das BMBF den Forschungserfolg. Sehr anschaulich ist dieser Erfolg im Bereich der Gesundheitsforschung und im Speziellen in der Demenzforschung.    

Herr Romes, welche Aufgaben hat Ihre Organisation?

Die Aufgaben des BMBF umfassen alle Abschnitte im Lebensverlauf. Sie reichen von der frühkindlichen Förderung bis zur Weiterbildung und zum lebensbegleitenden Lernen. Die Bereiche Schule und Hochschule fallen primär in die Zuständigkeit der Länder, der Bund leistet jedoch auch hier wichtige Beiträge, zum Beispiel durch den Hochschulpakt, die Vergabe von Stipendien oder das BAföG. Gemeinsam mit den Ländern verantwortet der Bund die außerschulische berufliche Bildung, die Aufstiegsförderung und die berufliche Weiterbildung. Ein wichtiges Ziel ist dabei die Chancengerechtigkeit – die Herkunft soll nicht über die Bildungschancen eines Menschen entscheiden.

In einem Land, dessen Wohlstand maßgeblich von der Innovationskraft seiner Wirtschaft abhängt, ist Spitzenforschung unverzichtbar. Das BMBF greift neue Forschungsthemen auf und entwickelt neue Instrumente der Innovationsförderung. Handelsleitend ist dabei ein erweiterter Innovationsbegriff, der auch soziale Innovationen umfasst und die Gesellschaft als zentralen Akteur in Forschungs- und Innovationsprozesse einbezieht. So geschieht es zum Beispiel auch im Rahmen der Nationalen Demenzstrategie. In der Wissenschaftslandschaft setzt das BMBF zum Beispiel mit der Exzellenzinitiative und dem Pakt für Forschung und Innovation wichtige Impulse und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs. Nicht zuletzt gehört auch der internationale Austausch in Bildung, Wissenschaft und Forschung zu den zentralen Aufgaben des Ministeriums.

Als Teil der Bundesregierung schafft das BMBF in diesen Bereichen mit einem jährlichen Etat von über 20 Milliarden Euro die geeigneten Rahmenbedingungen.

In welchem Bereich Ihrer Organisation spielen Menschen mit Demenz eine Rolle?

Die Bundesregierung hat die Schwerpunkte ihrer Arbeit im Rahmenprogramm Gesundheitsforschung formuliert. Dazu gehört insbesondere auch die Erforschung der Volkskrankheiten, zu denen die neurodegenerativen Krankheiten und damit auch Demenz gehören.

Was uns zudem wichtig ist: Menschen mit Demenz dürfen nicht bloß Gegenstand der Forschung sein. Die Partizipation, also die aktive Einbindung und Teilhabe Betroffener an Forschungsprojekten, ist immens wichtig. Deutschland hat hier im internationalen Vergleich noch Nachholbedarf. Deshalb berücksichtigt auch das BMBF bei seiner Forschungsförderung zunehmend partizipative Elemente – auch von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen. Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) hat beispielsweise einen Patientenbeirat aufgebaut, um gemeinsam auf eine stärkere Sensibilisierung von Politik und Gesellschaft für alle Themen rund um Demenz hinzuarbeiten. Ziel ist es, die Stimmen der Patientinnen und Patienten in die Forschung zu integrieren. So finden neue Erkenntnisse umso schneller den Weg in den Versorgungsalltag, wenn sie mit den Bedürfnissen und Wünschen der jeweiligen Zielgruppe im Einklang stehen.

Was tun Sie in diesem Bereich für Menschen mit Demenz?

Die Forschung, die das BMBF fördert, soll den Betroffenen sobald wie möglich zugutekommen. Konkret bedeutet das, dass Krankheitsmechanismen aufgeklärt, dringend benötigte Diagnose- und Therapiemöglichkeiten entwickelt und die Versorgung von Menschen mit Demenz verbessert werden sollen.

Das BMBF fördert die Forschung zu Demenzerkrankungen schwerpunktmäßig institutionell über das DZNE. Das Zentrum wurde 2009 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Bonn. Das DZNE wird von den Sitzländern der zehn Standorte und dem BMBF gemeinsam gefördert. Im Jahr 2021 betrug die Gesamtförderung des BMBF rund 91 Millionen Euro.

Am DZNE arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deutschlandweit zusammen, um die Ursachen von Störungen des Nervensystems zu erforschen und neue Ansätze zur Prävention, Diagnose, Therapie und Patientenversorgung zu entwickeln. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt dabei auf der Erforschung von Demenzerkrankungen. Das DZNE ist national und international führend in der Forschung zu Erkrankungen des Gehirns, des Nervensystems und zu Demenz.

Darüber hinaus finanziert das BMBF im Rahmen der Projektförderung zahlreiche Forschungsprojekte zu Demenzerkrankungen und zu anderen neurodegenerativen Erkrankungen in unterschiedlichen nationalen und internationalen Fördermaßnahmen. Darunter finden sich Vorhaben, die einzelne Erkrankungen adressieren, aber auch querschnitthaft angelegte Förderschwerpunkte.

Sie haben sich an 17 Maßnahmen der Nationalen Demenzstrategie beteiligt. Können Sie am Beispiel einer Maßnahme beschreiben, welchen Weg diese Maßnahme bei der Umsetzung durch das Bundesforschungsministerium nimmt? Wer ist an der Umsetzung der Maßnahme im BMBF beteiligt?

Das BMBF setzt Forschungsprojekte nicht selbst um, sondern tritt in der Regel als Förderer auf. Durch die Finanzierung von Forschung werden Weichen gestellt. Lassen Sie mich ein konkretes Beispiel herausgreifen: Ein sehr erfolgreiches Projekt ist die europäische Initiative JPND, das "EU Joint Programme – Neurodegenerative Disease Research". Das BMBF ist Partner in JPND und fördert die interdisziplinäre Vernetzung von Forscherinnen und Forschern auf europäischer Ebene. Denn das Thema Demenz ist so wichtig und so breit gefächert, dass es eine internationale Zusammenarbeit benötigt. Mit der Initiative werden die Aktivitäten von 30 internationalen Förderorganisationen gebündelt, um die Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen zu koordinieren und voranzubringen. JPND ist damit die weltweit größte Forschungsinitiative, die sich der Bekämpfung neurodegenerativer Erkrankungen widmet. Im Rahmen von JPND veröffentlicht das BMBF jährliche Förderbekanntmachungen, die verschiedene Themen von Prävention, Diagnostik, Therapieentwicklung bis zur Versorgungsforschung adressieren – in diesem Jahr zu nicht-pharmakologischen Interventionen. Das sind beispielsweise psychosoziale Maßnahmen, Ernährungsumstellung oder Bewegungsförderung. All dies kann Menschen mit Demenz helfen und gleichzeitig unser Verständnis der zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen verbessern.

Wann können Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen von diesem Angebot profitieren?

Bis erfolgversprechende Forschungsdaten in eine sichere Therapie gegen Demenz münden, müssen viele Stadien durchlaufen werden. Bis es soweit ist, muss insbesondere die Pflege- und Versorgungsforschung sowie die Prävention unterstützt werden. Denn davon können Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen bereits heute profitieren. Dabei dürfen wir in unseren Bemühungen nicht nachlassen: In der Forschung braucht es einen langen Atem.

An welche Person oder Stelle können sich Interessierte wenden, wenn sie sich für die Umsetzung der Maßnahme interessieren?

Wenn Sie die Projektleiterinnen und Projektleiter an den Universitäten und Forschungseinrichtungen ansprechen möchten – das sind wirklich sehr viele. JPND existiert seit 2009 und seitdem wurden bereits internationale Projekte mit insgesamt über 130 Millionen Euro gefördert. Einen guten Überblick gibt die Webseite der Initiative in englischer Sprache. Diese richtet sich vor allem an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Für allgemeinere Informationen zur aktuellen Demenzforschung ist das DZNE eine empfehlenswerte Anlaufstelle, über dessen Website umfangreiche und vielfältige Angebote zu finden sind.

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