Fachveranstaltung: Covid - Virale Erkrankungen und Demenz

Ein Zusammenhang zwischen Coronavirus-Infektionen, Long-Covid und Demenzerkrankungen beschäftigt viele Forscherinnen und Forscher. Sicher ist, dass kognitive Einschränkungen zu den häufigen Symptomen von Coronavirus-Infektionen zählen. Erkenntnisse zu möglichen Zusammenhängen von Covid und Demenz wurden auf einer Fachveranstaltung am 13. Oktober 2022 zusammengetragen und diskutiert.

Die inhaltliche Ausrichtung der Fachveranstaltung "Covid – Virale Erkrankungen und Demenz" gestalteten das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE). Beide engagieren sich in der Nationalen Demenzstrategie mit dem Ziel, die nationale und internationale Demenzforschung zu stärken. Eingangs betonte das BMBF die Wichtigkeit, Expertisen über Fachbereiche und Sektionen hinweg zu bündeln – durch internationale Vernetzung auch über die Grenzen der deutschen Forschungslandschaft hinaus.

Die Nationale Demenzstrategie wurde vor Ausbruch der Corona-Pandemie entwickelt. Allerdings beeinflusst die Pandemie auch die Forschung zu Demenz. Kognitive Einschränkungen gehören sowohl zum Krankheitsbild einer Demenz als auch zu den häufigen Symptomen einer Covid-Erkrankung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellen sich deshalb die Frage nach möglichen Zusammenhängen und Wirkmechanismen. Neuere Studien weisen darauf hin, dass Covid-19 gehäuft mit kognitiven Einschränkungen einhergeht. Dies wiederum könnte möglicherweise die Entwicklung von neurodegenerativen Erkrankungen, wie z. B. auch Demenzen, begünstigen.

Insgesamt vier Forscherinnen und Forscher stellten auf der Fachveranstaltung ihre wissenschaftlichen Ergebnisse vor. Alle Vortragenden waren sich einig: Langzeitstudien werden aussagekräftigere Daten liefern. Der weitere Austausch soll in den nächsten Jahren gefördert und intensiviert werden. Aktuell sei noch nicht belegbar, ob die Corona-Pandemie einen Anstieg der Demenz-Erkrankungen in den nächsten Jahren begünstigen könnte. Dabei kann ein Blick in die Vergangenheit Erkenntnisse für die Gegenwart bringen. So wurde auf die spanische Grippe verwiesen: Infolge dieser Epidemie nahmen in den 1920er- und 1930er-Jahren neurodegenerative Erkrankungen, wie die Parkinsonerkrankung, stark zu. Auch aus früheren Corona-Epidemien (SARS-CoV-1, MERS) gibt es bereits Berichte über Häufungen kognitiver Symptome.

Auswirkungen von Virusinfektionen auf Demenz

Dr. Marius Schwabenland vom Universitätsklinikum Freiburg untersucht zusammen mit seinem Team die Gehirne von an Covid-19 Verstorbenen aus den ersten Corona-Wellen. Der Fokus lag dabei auf sogenannten Mikrogliazellen, den Immunzellen im Zentralnervensystem (ZNS). Mit einer neu entwickelten Technik, die auffällige Zellverbände mehrdimensional sichtbar macht, konnten vermehrt Mikroglia-Ansammlungen (Knötchen) im Hirnstamm identifiziert werden. Dies deutet auf eingetretene pathologische Veränderungen im Gehirn hin.

Prof. Ina Vorberg vom DZNE stellte ebenfalls ihre Ergebnisse vor. Diese weisen darauf hin, dass virale Moleküle die Ausbreitung von Alzheimer-typischen Proteinaggregaten zwischen Zellen fördern und so neurodegenerative Erkrankungen beschleunigen könnten. Zu diesen viralen Molekülen gehören insbesondere auch die Spike-Proteine der Corona-Viren und reaktivierte endogene Retroviren, die abgeschaltet in den menschlichen Erbanlagen vorliegen. Antivirale Behandlungen oder Impfstoffe könnten hierauf einen Einfluss haben und den Ausbruch oder das Fortschreiten solcher Erkrankungen verhindern beziehungsweise verlangsamen.

Auswirkungen von Long Covid auf das Gehirn

Beide Referenten des zweiten Veranstaltungsteils betonten, dass es bisher keine einheitliche Definition des Long-Covid- oder Post-Covid-Syndroms gibt. Long- oder Post-Covid, wie sie landläufig genannt werden, bezeichnen beide dasselbe vielschichtige Krankheitsbild.

Prof. Ulrich Kalinke vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung ging in seinem Vortrag der Frage nach, ob und wie Viren bis ins Gehirn vordringen. Das Virus folgt demnach anatomischen Strukturen und dringt über die Atemwege und das Herz-Kreislauf-System ins Rückenmark vor und von dort weiter bis in das Gehirn. Dies kann direkte oder indirekte neurologische Veränderungen mit sich bringen und trifft sowohl Patientinnen mit milden als auch mit schweren (Long-)Covid-Verläufen.

Prof. Gabor Petzold vom DZNE ging auf neurologische und psychiatrische Symptome bei Long-Covid ein. Dazu gehören kognitive Symptome wie Aufmerksamkeitsstörungen oder Gedächtnisschwierigkeiten, die bei etwa 50% der Betroffenen auftreten. Passend dazu wurde in einer Studie, in die auch Patienten mit milden Verläufen eingeschlossen wurden, ein Abbau des Gewebes in Hirnregionen nachgewiesen, die für Gedächtnis und Kognition relevant sind. Die europäische NeuroCOV-Studie, die vom DZNE koordiniert wird, soll hier in den nächsten Jahren neue Erkenntnisse bringen.

In Ergänzung zu dieser Fachveranstaltung möchte wir Sie auf ein Symposium der Deutschen Zentren der Gesundheitsversorgung (DZG) zu Post-Covid am 31.10.2022 hinweisen:

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