Die Geschäftsstelle Nationale Demenzstrategie begrüßte am 8. Oktober 2025 Netzwerkmitglieder, politische Akteure und Expert*innen auf dem Gebiet der Caring Communities zur Abendveranstaltung "Strategie im Dialog: Politik für Menschen mit Demenz". Annähernd 100 Gäste fanden sich in Berlin Mitte zum Netzwerken, Austauschen und Diskutieren zusammen. Zum Auftakt der Veranstaltung begrüßte Geschäftsstellenleiterin Astrid Lärm das Publikum und gab einen Ausblick auf das Thema des Abends – Caring Communities als lebenswerte Ort für Menschen mit Demenz. Durch den Abend führte anschließend Moderatorin Okka Gundel. Christian Luft, Staatssekretär des Bundesministeriums (BMG) für Gesundheit, hob in seinem Grußwort die Rolle von Demenzpolitik als Gesellschaftspolitik hervor:
"Caring Communities haben das Wesensmerkmal, dass sie niemanden zurücklassen, sich um alle kümmern wollen. Das ist nicht nur Aufgabe von Familien, professionellen Pflegediensten oder dem Staat. Es ist eine geteilte Verantwortung, der sich jeder an seinem Platz stellen muss – eben eine Gemeinschaftsaufgabe!"
Die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft e.V. (DAlzG), vertreten durch die stellvertretende Geschäftsführerin Susanna Saxl-Reisen, betonte ebenfalls die vielfältigen Felder der Arbeit mit Menschen mit Demenz:
"Die Förderung der Teilhabe von Menschen mit Demenz und ihren An- und Zugehörigen, der Auf- und Ausbau von regional verankerter Unterstützung, und die Unterstützung ehrenamtlichen Engagements bewegt letztendlich alle Akteure und Netzwerkpartner*innen der Nationalen Demenzstrategie. Dies wird auch nach der Fortführung der Nationalen Demenzstrategie durch die aktuelle Bundesregierung so bleiben."
Der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) Michael Brand würdigte die Wichtigkeit des Netzwerks Nationale Demenzstrategie:
"Die Nationale Demenzstrategie hat sich zur effektiven Plattform und wichtigen Drehscheibe zum Austausch und Netzwerk für staatliche und nicht-staatliche Akteure entwickelt."
Ein intensives und anrührendes Gespräch mit Adelheid Sieglin und Christian Peters brachte dem Publikum die Perspektive von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen nahe. Sieglin, bei der 2020 Alzheimer diagnostiziert wurde, beschrieb mit eindrücklichen Worten die Krankheit und was ihr hilft, mit ihr umzugehen:
"Wir schauen darauf, dass wir es uns schönmachen. Manchmal merke ich, dass ich richtig traurig bin, wie die Stimmung auf einmal runtergeht, als käme aus dem Hirn bald nichts mehr raus. Für mich ist es dann wichtig, dass ich male, mein Ding mache. Es ist wunderbar, dass ich das noch kann."
Peters, der als pflegender Angehöriger die Betreuung seiner Frau übernimmt, machte auf die Vielfalt von Sorgenetzen aufmerksam:
"Freundinnen und Freunde, regional und überregional, gehören zu unserem Netz. Aber auch die Ärzteschaft – Zahnarzt, Hausarzt, Kardiologe, Orthopäde, Physiotherapeuten – und so weiter. Dann die Alzheimer Gesellschaften in Berlin und Potsdam, wir sind beide in Selbsthilfegruppen. Das niedrigschwellige Programm Hilfe beim Helfen finde ich richtig wichtig, dort durfte ich auch selbst mitmachen. Und auch die Haltestellen Kreuzberg und Neukölln (Anm.: Angebot der Diakonie zur stundenweisen Begleitung und Entlastung für Menschen mit Pflegegrad, insbesondere Demenz) helfen uns im Alltag."
Wie vielfältig Caring Communities sein können, wurde auch in der anschließenden Podiumsdiskussion deutlich. Expert*innen aus Forschung und Praxis und ein Vertreter des Bundestages diskutierten darüber, was Sorgende Gemeinschaften ausmacht, welche Strukturen sie benötigen und wie Teilhabe konkret gefördert werden kann. Zunächst umriss Prof. Dr. Thomas Klie den Begriff "Caring Community" als ein Konzept, das mithilfe eines intelligenten "Welfare-Mix'" vor Ort ein gutes Leben "von der Geburt bis zum Sterbebett" ermöglichen soll und dabei Menschlichkeit über betriebswirtschaftliche Logiken stellt. Erfahrungen aus der Praxis brachte Ute Hauser von der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg ein: Sie verwies auf das Projekt "Demenz im Quartier", das mithilfe eines breit angelegten Beteiligungsprozesses mit Menschen mit Demenz, Bürger*innen vor Ort, Vereinen, Krankenkassen, Kirchen und der Privatwirtschaft entwickelt wurde. Dieser zeigte unter anderem, dass kommunale Strukturen mit hauptamtlicher Koordination unerlässlich sind. Sie machte außerdem das Thema Sensibilisierung der Gesellschaft für Menschen mit Demenz stark – in einer sorgenden Gemeinschaft sollten möglichst alle für den richtigen Umgang mit Menschen mit Demenz sensibilisiert sein. Dem stimmte Stephan Albani, MdB und Obmann der CDU/CSU Bundestagsfraktion im Ausschuss für Forschung, Technologie, Raumfahrt und Technikfolgenabschätzung, zu. Gleichzeitig unterstrich er die Bereitschaft vieler Menschen zum Ehrenamt. Damit diese sich in die Unterstützung von Menschen eibringen können, brauche es dauerhafte und gleichzeitig flexible Strukturen. Nadine-Michèle Szepan vom AOK Bundesverband betonte den Stellenwert von Inklusion und Selbstbestimmung. Pflege dürfe nicht allein professionell gedacht werden, sondern müsse den Nahbereich – Familie, Nachbarschaft und lokale Netzwerke – einbeziehen. Dafür müssten die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden, die gesellschaftspolitische Awareness ermöglichen und zugleich gute Versorgung vor Ort. Dr. Irene Vorholz vom Deutschen Landkreistag erinnert daran, dass in einer Caring Community viele Verantwortlichkeiten bei den Kommunen liegen. Diese haben jedoch je nach Bewohnerschaft, Lage und Ressourcen ganz unterschiedliche Bedürfnisse, die durch die Politik unterschiedlich adressiert werden müssten. Die Diskussion machte deutlich: Es gibt nicht die eine Caring Community. Entscheidend ist das Zusammenspiel von Haltung, Struktur und lokaler Vernetzung. Neben finanzieller und politischer Unterstützung sind vor allem Menschen gefragt, die Verantwortung füreinander übernehmen.
2025 fand die Netzwerktagung erstmals an 2 Tagen statt. Am 9. Oktober kamen Akteure und Netzwerkmitglieder zu einem intensiven Arbeitstreffen auf der Netzwerktagung zusammen. Einen ausführlichen Bericht dazu finden Sie ebenfalls online.
Weitere Impressionen der Abendveranstaltung und der Netzwerktagung sowie zusätzliches Material finden Sie außerdem auf unserer Seite zur Netzwerktagung 2025.


