Netzwerktagung Nationale Demenzstrategie 2024 - Gemeinsam mehr erreichen

Netzwerken, austauschen, Ideen entwickeln - Die Netzwerktagung 2024 am 19. September steht ganz im Zeichen des Miteinanders. Wir wollen  Raum für intensive Diskussionen und fruchtbaren Austausch bieten, gemeinsam auf die Umsetzung der Maßnahmen und die Potentiale der Strategie blicken und Ideen für die nächste Phase der gemeinsamen Arbeit entwerfen. Die diesjährige Netzwerktagung richtet sich deshalb ausschließlich an Akteure und Netzwerkmitglieder der Nationalen Demenzstrategie.

Die Netzwerktagung "Nationale Demenzstrategie 2024" wurde von Astrid Lärm, Leiterin der Geschäftsstelle Nationale Demenzstrategie, eröffnet. Sie hieß die Teilnehmenden willkommen und hob hervor, dass die Zusammenarbeit der Akteure ein wesentlicher Aspekt der Veranstaltung sei, da sie einen entscheidenden Einfluss auf die erfolgreiche Umsetzung der Demenz-Strategie habe.
Johannes-Wilhelm Rörig, Leiter der Unterabteilung 30 im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, unterstrich die Bedeutung einer Fortführung der Arbeit für Menschen mit Demenz im Rahmen einer Nationalen Demenzstrategie über 2026 hinaus. Maria Becker, Leiterin der Unterabteilung 42 – Pflegestärkung im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), dankte den Akteuren für ihr Engagement und wies auf aktuelle Gesetzgebungsverfahren des BMG hin, insbesondere auf den Referentenentwurf für ein Das Pflegekompetenzgesetz soll den Zugang zu niedrigschwelligen Angeboten für die wachsende Zahl der Menschen mit Demenz und deren Angehörige erleichtern. Es schafft innovative Wohnformen und verbessert die Pflegestrukturen vor Ort.

Monika Kaus und Saskia Weiß von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz (DAlzG) sowie Lieselotte Klotz vom "Beirat Leben mit Demenz" brachten die Perspektive von pflegenden Angehörigen und Menschen mit Demenz ein. Dabei wurde insbesondere auf die Rolle pflegender Angehöriger als unverzichtbare Ressource hingewiesen, die jedoch dringend mehr Unterstützung benötigen. Als entscheidender Faktor für eine bessere medizinische Versorgung wurde die Einbeziehung von Menschen mit Demenz in Entscheidungsprozesse hervorgehoben.

Der erste Veranstaltungsteil im Plenum wurde mit einer Keynote von Prof. Monique Breteler abgeschlossen, die seit vielen Jahren zur Prävention von Demenz forscht. Sie hob hervor, dass sich Demenz über Jahrzehnte entwickelt, und forderte deshalb gezielte Präventionsmaßnahmen, die an den Stellen ansetzen, an denen Demenz möglichst wirksam verhindert oder verzögert werden kann.

Eine Posterausstellung gab darüber hinaus einen Überblick über verschiedene Projekte und Maßnahmen, die im Rahmen der Nationalen Demenzstrategie entstanden sind oder derzeit umgesetzt werden. Unter anderem wurden die Projekte STEALDA und RAUM!Erleben des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen vorgestellt:

Poster zum Projekt RAUM!Erleben

Poster zum Projekte STELADA

Alle weiteren Poster finden Sie weiter unten in den Abschnitten zu den Arbeitsgruppenphasen.


Menschen mit Demenz im Quartier - Arbeitsgruppe 1

In der Arbeitsgruppe 1 ging es um Menschen mit Demenz im Quartier. Die Teilnehmer*innen diskutierten über integrierte Quartiers- und Dorfentwicklungskonzepte (Maßnahme 1.1.2), demenzsensible öffentliche Begegnungs- und Verweilräume (Maßnahme 1.1.4) sowie die Öffnung von Pflegeheimen ins Quartier (Maßnahme 1.8.5)., sammelten Stichpunkte und füllten damit drei Poster.

Dabei zeigte sich unter anderem, dass eine Kommune demenzsensibel zu gestalten und Pflegeheime ins Quartier zu öffnen, mit verschiedenen Hürden verbunden ist: Viele Regularien müssen beachtet werden und es bedarf einer guten Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Dies erfordert längere Prozesse, die im besten Fall effizient und effektiv gestaltet werden. Darüber hinaus sollte vorhandenes Wissen genutzt und synchronisiert werden, um Doppelstrukturen zu vermeiden und das Rad nicht immer wieder neu zu erfinden. Die Expertise von Personen einzuholen, die solche Prozesse bereits durchlaufen haben, wird von den Teilnehmer*innen als besonders wertvoll bewertet. Wichtig sind auch nachhaltige Strukturen - sowohl finanziell als auch personell. Eine starke Verankerung der demenzsensiblen Quartiersentwicklung in der (Regional-)Politik ist ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor.

Beratung und Begleitung für Menschen mit Demenz und Angehörige - Arbeitsgruppe 2

Die Teilnehmer*innen der Arbeitsgruppe 2 zum Thema "Beratung und Begleitung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen" hörten zu Beginn der Arbeitsgruppenphasen je zwei Inputs von Expert*innen und diskutierten anschließend, welche Erkenntnisse, Herausforderungen und Potenziale sich aus dem Gehörten ableiten lassen. So wurden am Vormittag das Projekt SABdfam (Maßnahme 2.8.2 Stärkung der psychosozialen Teilhabe) sowie Qualitätsstandards für die Beratung von Menschen mit Demenz vorgestellt - am Nachmittag gab es einen Input zum Dementia Care Management (Maßnahme 2.1.1) und zur S3-Leitlinie Demenzen, insbesondere im Hinblick auf nicht-medikamentöse Interventionen.

Poster zum Projekt SABdfam (Maßnahme 2.8.2 Stärkung der psychosozialen Teilhabe)
Poster zur Beratung für Menschen mit Demenz (Maßnahme 2.1.7 Qualitätsstandards für die Beratung von Menschen mit Demenz)
Poster zum Dementia Care Management (Maßnahme 2.1.1 Dementia Care Management)

In den anschließenden Diskussionen kristallisierte sich unter anderem heraus, dass man am meisten erreicht, wenn man im Verbund mit gleichgesinnten Partner*innen arbeitet und dass partizipative Prozesse zwar mehr Zeit benötigen, sich dies aber in der Umsetzung auszahlt. Als herausfordernd beschrieben die Teilnehmer*innen Schnittstellen in der Versorgung als neuralgische Punkte sowie die begrenzte Projektförderung, die eine Verstetigung erschwert. Nächste Schritte könnten daher sein, kreative Lösungen zu finden, das SGB V für die Beratung zu nutzen und Potenziale an den Schnittstellen auszuschöpfen.


Zusammenarbeit im Versorgungsnetz fördern - Arbeitsgruppe 3

Die Teilnehmer*innen der Gruppe 3 sprachen über die "Zusammenarbeit im Versorgungsnetz", hier stand die stand die hausärztliche Versorgung von Menschen mit Demenz im Fokus. Es wurden Ideen und Beispiele diskutiert, wie die Weiterbildung der Ärzt*innen verbessert und die Vernetzung der Praxen im Versorgungsnetz gestärkt werden kann. Dazu boten jeweils zwei Impulsvorträge Input für die anschließende Diskussion.

Tanja Reick von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung berichtete über das im Rahmen der Nationalen Demenezstrategie entstande Qualitätszirkel-Modul und die Herausforderungen, die sich bei der Entwicklung gezeigt haben. Als besonders wichtig erwies sich die Berücksichtigung unterschiedlicher Sichtweisen, z.B. von Haus- und Fachärzten. Das Qualitätszirkel-Modul soll nun weiter verbreitet werden.
Poster zum Qualitätszirkel-Modul

Für den Berufs- und Fachverband Heilpädagogik (BHP) stellten Dr. Michaela Menth und Sandra Kapinsky ein Poster zum Thema "Heilpädagogik in der Arbeit mit Menschen mit Demenz" vor, in dem sie näher auf die vom BHP entwickelte Maßnahme "Weiterqualifikation zur gerontopsychiatrischen Fachkraft" eingingen. Bisher ist es bereits gelungen, Inhalte zur Arbeit mit Menschen mit Demenz in Ausbildung und Studium zu integrieren. Eine Herausforderung bei der Umsetzung der Maßnahme stellt die föderale Struktur in Deutschland dar, die ein bundesweites Handeln erschwert. Unter anderem ist geplant, den Austausch zwischen der Eingliederungshilfe und der Fachebene der Altenhilfe zu intensivieren.
Poster zum Thema "Heilpädagogik in der Arbeit mit Menschen mit Demenz"

Am Nachmittag  sprach Prof. Dr. Thomas Lichte von der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) über die Versorgung von Menschen mit Demenz durch ein hausärztliches Team und beleuchtete hier die Besonderheiten im Case Management. Um Menschen mit Demenz optimal zu begleiten seien demnach Kooperation und Koordination besonders wichtig.
Präsentation zur Hausärztlichen Versorgung von Menschen mit Demenz

Daniel Lichy von der Landesfachstelle Demenz Mecklenburg-Vorpommern, Deutsche Alzheimer Gesellschaft Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. schilderte in seinem Vortrag Herausforderungen bei der Versorgung von Menschen mit Demenz im ländlichen Raum.  Hausärzt*innen spielen für Patient*innen im ländlichen Raum meist eine besonders wichtige Rolle, doch auch hier zeigt sich: interdisziplinäre Zusammenarbeit hilft allen weiter, ein Netz an Unterstützung kann alle Beteiligten entlasten.
Präsentation zur Versorgung von Menschen mit Demenz im ländlichen Raum

Forschung zu Prävention und Therapie der Demenz fördern - Arbeitsgruppe 4

In der Gruppe 4 "Forschung zu Prävention und Therapie der Demenz fördern" wurden in fünf Vorträgen wissenschaftliche Erkenntnisse, die im Rahmen von Maßnahmen der Nationalen Demenzstrategie gewonnen wurden, präsentiert.

Dr. Michael Weinhardt vom Deutschen Zentrum für Altersfragen sprach über "Einstellungen der allgemeinen Bevölkerung in Deutschland gegenüber Menschen mit Demenz" (Maßnahme 4.2.6 Repräsentative Befragung zur Einstellung zu Menschen mit Demenz in der allgemeinen Bevölkerung). Daten des Deutschen Alterssurvey (DEAS) zeigen, dass nur rund ein Drittel der Befragten angaben, mit Demenz vertraut zu sein. Der DEAS ist eine Langzeitstudie, für die regelmäßig Personen ab 40 Jahren zu verschiedenensten Bereichen ihres Lebens befragt werden, seit 2021 auch zu ihrer Einstellung zu Demenz. Zukünftig werden Zeitvergleiche möglich sein, um Veränderungen in den Einstellungen zu Menschen mit Demenz zu untersuchen.
Poster zum Thema "Einstellungen der allgemeinen Bevölkerung in Deutschland gegenüber Menschen mit Demenz"

Prof. Monique Breteler vom Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und Leiterin der Rheinland Studie  stellte aktuelle Ergebnisse aus dieser vor (Maßnahme 4.2.2 Repräsentative Kohortenstudien mit Fokus auf Demenz). Die Bevölkerungsstudie zielt darauf ab, ein besseres Verständnis von Gesundheit und Krankheit im Laufe des menschlichen Lebens zu erlangen. Um dies zu ermitteln werden bis zu 20.000 Menschen ab 30 Jahren über mehrere Jahrzehnte hinweg begleitet und regelmäßig zu einer Untersuchung ihrer physischen und psychischen Gesundheit eingeladen.
Website zur Rheinland-Studie

Ebenfalls vom DZNE spricht  Prof. René Thyrian zur "Entwicklung und Evaluierung von Konzepten zur Sekundär- und Tertiärprävention". Diese Studie zeigte unter anderem, dass stärkere soziale, insbesondere emotionale Unterstützung, das Sterberisiko signifikant verringert.
Poster zum Thema "Entwicklung und Evaluierung von Konzepten zur Sekundär- und Tertiärprävention"

Priv.-Doz. Francisca Rodriguez vom DZNE stellte das Projekt "Soziale Ressourcen in der Lebenswelt von Menschen mit Demenz" vor. Forschende stellten hier fest, dass durch regelmäßige soziale Interaktionen und die Teilnahme an Aktivitäten Symptome von Demenz gelindert werden können. Die Untersuchung belegt zudem, dass persönliche und telefonische Kontakte im Vergleich zu technischen Lösungen eine höhere Effektivität aufweisen.
Website zum Projekt "Soziale Ressourcen in der Lebenswelt von Menschen mit Demenz"

Abschließend ging es in Prof. Stefan Teipels (DZNE) im Rahmen seines Vortrag "Erprobungsstudie nach §137e SGB V: Patienten- und versorgungsbezogener Nutzen der Amyloid-PET-Bildgebung (ENABLE)" um neue bildgebende Verfahren in der Demenzdiagnostik. Die Amyloid-PET-Untersuchung ermöglicht den Nachweis bzw. Ausschluss pathologischer Eiweißablagerungen, die für die Alzheimer-Krankheit charakteristisch sind. Die Erprobungsstudie ENABLE untersucht, ob sich mit diesem Verfahren eine verbesserte Versorgung von Demenzpatienten im deutschen Gesundheitssystem realisieren lässt und ob dadurch der Erhalt oder ein verlangsamter Verlust von Alltagsfunktionen unterstützt werden kann.
Website zum Projekt ENABLE


Die Zusammenarbeit auf Landesebene fördern - Arbeitgruppe 5

Die erste Phase der Gruppenarbeit in AG 5 war Vertreter*innen der Länder vorbehalten - sie sollte einen geschützten Rahmen für Gespräche im kleinen Kreis zur Arbeit in den Ländern bieten. Nach kurzen Inputs zu den Länderstrategien aus Sachsen-Anhalt (Strategie in Planung), Sachsen, Rheinland-Pfalz und Bayern sowie von der AG Landesfachstellen.
Poster zu den Demenzstrategien bzw. -plänen im Saarland, in Sachsen und Sachsen-Anhalt
Poster zu den Demenzstrategien bzw. -plänen in Bayern, Rheinland-Pflaz und Schleswig-Holstein
Poster zur Arbeit der AG Landesfachstellen

Es folgte ein Austausch der Teilnehmer*innen anhand von drei Fragen, die dabei helfen sollten Transparenz zu schaffen und sich zu vernetzen:

  • Welche Strukturen gibt es in „Ihrem“ Bundesland und wie helfen diese Ihnen bei der Arbeit mit Menschen mit Demenz?
  • Welche Rolle kommt den Landesfachstellen in "Ihrem" Bundesland zu?
  • Wie vernetzen Sie sich mit Akteuren im Bundesland?

Am Nachmittag wurde die Gruppe geöffnet. Zu Beginn notierten alle Teilnehmer*innen Antworten zu vier Fragen rund um Kommunikation und Netzwerken. Im Anschluss wurden die Antworten in Kleingruppen diskutiert. Danach trafen sich alle wieder im großen Kreis um den Gruppentisch. Die Antworten wurden mithilfe eines Lotus-Diagramms geclustert. Dazu wurde ein Problem auf einer Karte platziert und um dieses herum wurden Lösungen für dieses Problem angelegt. So konnte die Gruppe erkennen, welche Probleme immer wieder auftreten und mit welchen Möglichkeiten andere Teilnehmer*innen diese erfolgreich lösen konnten.

  • Wie stellen Sie Kontakte her?
  • Warum hat die Kontaktaufnahme bisher nicht geklappt?
  • Wie hat die Kontaktaufnahme in einem bestimmten Projekt funktioniert, was waren Hürden?
  • Wer könnte Sie wie unterstützen?

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen wurden anschließend von allen Arbeitsgruppenleiterinnen im Plenum vorgestellt, bevor sich die Runde zur

Fish Bowl-Diskussion

zusammensetzte, in der sich darüber ausgetauscht werden sollte, wie es mit der Nationalen Demenzstrategie weitergeht. Bei dieser speziellen Diskussionsform gibt es einen Innenkreis, in dem Redner*innen auf fest zugewiesenen Plätzen sitzen. EIn Platz bleibt frei, und kann von Interessierten aus dem Publikum, das um den Kreis (das "Goldfischglas"/ die "Fish Bowl") herum sitzt, beansprucht werden, um einen Redebeitrag zu leisten. Im Innenkreis saßen Sven Paul vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Eckard Cappell, Vetretrer der Gesundheitsministerkonferenz und der Länder, Dr. Albert Kern vom Bundesgesundheitsministerium, Lieselotte Klotz vom "Beirat Leben mit Demenz" sowie Prof. René Thyrian vom DZNE. Vertreter*innen der DAlzG, der AG Landesfachstellen, der Malteser, der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e. V. (DİTİB) und der Aktion Psychisch Kranke e.V. sowie des Bundesverbands haushaltsnaher Dienstleistungs-Unternehmen (BHDU) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung brachten als Teilnehmer*innen auf dem freien Stuhl im Laufe der Diskussion Anregungen und Antworten ein. Einig waren sich die Teilnehmer*innen unter anderem darüber, dass es klare Ziele braucht, Kommunikation sehr wichitg ist und eine eventuelle Neuauflage nach dem Motto "weniger ist mehr" verschlankt werden sollte