Perspektiven nach der Halbzeit

Die Nationale Demenzstrategie befindet sich auf der Zielgeraden. Bis zum Jahr 2025 konnten die Akteure noch einmal viele Maßnahmen umsetzen, auf die wir bereits in der Halbzeitbilanz 2023 einen gespannten Blick geworfen haben. Hier wollen wir einen kleinen Einblick geben, wie es um einige der Ziele steht, die wir vor zwei Jahren unter der Überschrift "Was wir erreichen wollen" formuliert haben. Wir wollen zeigen, wie weit wir schon gekommen sind und welche Akteure und neuen Mitglieder uns inzwischen begleiten, denn das Netzwerk Nationale Demenzstrategie wächst stetig um neue Mitstreiter*innen, die sich für ein gutes Leben von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen einsetzen.
Die PDF-Version der Halbzeitbilanz inklusive des Updates 2025 hier bestellen oder herunterladen (PDF).
Willkommen im Netzwerk
Wir freuen uns über die vielfältigen Neuzugänge im Netzwerk der Nationalen Demenzstrategie! Drei neue Mitglieder bringen Musik in die Strategie: der Deutsche Musikrat, die Gesellschaft für Musikgeragogik und die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft. Sie wollen unter anderem ein Schulungskonzept zum Einsatz von Musik in Alteneinrichtungen entwickeln und zum Thema Demenz im Bereich der Musik sensibilisieren. Darüber hinaus sind die Arbeitsgemeinschaft Landesfachstellen Demenz, der Verein Desideria Care und der Bundesverband der kommunalen Senioren- und Behinderteneinrichtungen e. V. (BKSB) dem Netzwerk beigetreten.
Sozialräume für Menschen mit Demenz gestalten
Das vom Bundesseniorenministerium geförderte Programm "Länger fit durch Musik!" des Bundesverbandes Chor & Orchester e. V. realisiert 43 demenzsensible Musikprojekte in 15 Bundesländern. Dazu gehören unter anderem musikalische Erinnerungsarbeit für Menschen mit Demenz und Migrationsgeschichte, Sing- und Musizierstunden mit pflegenden Angehörigen sowie intergenerationelle Chorprojekte in Pflegeeinrichtungen. Ergebnisse und Erfahrungen werden im Rahmen eines Kongresses und einer Methodenbox einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Netzwerke zum Thema Demenz auf- und ausbauen
Das Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend fördert im Rahmen der Nationalen Demenzstrategie insgesamt 115 vielfältige Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz – diese gestalten zum Beispiel die Kommune demenzfreundlich oder schaffen Teilhabeangebote für Betroffene und ihre Angehörigen. Die Förderung regionaler Netzwerke durch das Bundesministerium für Gesundheit wird im Rahmen des Pflegekompetenzgesetzes weiter ausgebaut. Unterstützung bei der Antragstellung erhalten interessierte Netzwerker*innen unter anderem bei den Landesverbänden der Pflegekassen.
Die Öffentlichkeit für Menschen mit Demenz sensibilisieren
Bis Mitte 2025 haben bereits über 135.000 Menschen an einer Demenz-Partner-Schulung teilgenommen. In den vergangenen zwei Jahren wurde das Schulungsmaterial kontinuierlich erweitert – neu hinzugekommen sind unter anderem Angebote für Multiplikator*innen in der Demenzprävention, für Mitarbeitende in Pflegeeinrichtungen und Kliniken sowie für kulturelle Einrichtungen am Beispiel Museum.
Spirituelle und religiöse Unterstützung
Der Umgang mit Demenz ist für die Kirchen ein zentrales Thema – für Menschen mit Demenz, Angehörige sowie alle, die kirchliche Angebote gestalten oder nutzen. Ein Studientag im Sommer 2023 brachte Vertreter*innen der Evangelischen und Katholischen Kirche, des Islams und der Alevitischen Community zusammen. Ein ökumenischer Text der Evangelischen Kirche Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz sowie lokale Initiativen entwickeln den Ansatz einer demenzsensiblen Kirche weiter.
Beratung und Begleitung verbessern
Die Evaluation zeigt: Die Handreichung samt Curriculum zur Qualifizierung von ehrenamtlichen Erstbegleiter*innen bewährt sich in der Praxis. Gleichwohl wurden anspruchsvolle Voraussetzungen deutlich. Auf Basis der Evaluation wird die Handreichung bis Ende 2025 auf Änderungsbedarf überprüft und anschließend über die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V. bereitgestellt. Die Schulung weiterer Ehrenamtlicher wird weiterhin befördert, um noch mehr Menschen mit Demenz direkt nach der Diagnose zu unterstützen.
Kultursensible Beratungsangebote
Immer mehr Bundesländer bauen kultursensible Beratung aus: In Bayern konnten mit den "Internationalen Angehörigentutor*innen" und den "Sorgenetzwerken“, bei denen Ehrenamtliche mitwirken, Möglichkeiten geschaffen werden, um ältere pflegebedürftige Menschen mit Migrationshintergrund, auch mit Demenz, zu unterstützen – etwa durch Begleitung zu Behörden. In Berlin arbeiten die Pflegestützpunkte eng mit interkulturellen Brückenbauer*innen zusammen, die muttersprachlich beraten, bei Anträgen helfen und kultursensibel über Hilfen in der häuslichen Pflege informieren.
Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
Inzwischen setzen zehn Bundesländer auf Schulungen für betriebliche Pflegelotsende. Ein praktischer Leitfaden des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt Unternehmen dabei, diese wichtige Rolle im eigenen Betrieb zu verankern. Er zeigt, welche Aufgaben Pflegelotsende übernehmen, wie geeignete Mitarbeitende gefunden und wie sie sinnvoll in die Unternehmensstruktur eingebunden werden können.
Schulungen zum Thema "Demenz und Lebensende"
Das von Expert*innen des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbandes e. V. und der Deutschen Alzheimer Gesellschaft überarbeitete Curriculum "Mit-Gefühlt" unterstützt unter anderem Ehrenamtliche, die Menschen mit Demenz in ihrer letzten Lebensphase begleiten. Es vermittelt praxisnah die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz in dieser sensiblen Zeit. Die Herausgeber*innen betonen hier zudem, wie wichtig es ist, dass alle, die Sterbende begleiten, über ein fundiertes Wissen zum Thema Demenz verfügen.
Demenzsensibles Krankenhaus
Im Rahmen einer interdisziplinären Arbeitsgruppe haben fünf Fachgesellschaften praxisorientierte Empfehlungen zum Delir- und Demenz-Screening sowie zum Delir-Management im Krankenhaus entwickelt. Die Empfehlungen zeigen auf, warum ein frühzeitiges Screening im Klinikalltag wichtig ist und wie es konkret umgesetzt werden kann. Verschiedene Testverfahren werden mit ihren Merkmalen, Stärken und Schwächen sowie dem jeweiligen Zeitaufwand vorgestellt. Viele der vorgestellten Verfahren sind direkt verlinkt und meist kostenlos nutzbar.
Nationales Netzwerk zur Demenzversorgungsforschung
Das Netzwerk TaNDem ist erfolgreich gestartet: Die technische Infrastruktur steht, erste Projekte sind angelaufen, und der monatliche Newsletter sorgt für einen kontinuierlichen Austausch mit allen Mitgliedern. Unter anderem zwei Projekte wurden standortübergreifend vorangebracht: Zum einen wurde im Projekt G-EAT – German Environmental Audit Tool ein Instrument entwickelt und angepasst, mit dem sich die Gestaltung von stationären Pflegeeinrichtungen aus Sicht von Menschen mit Demenz erfassen lässt. Zum anderen wurde in der Region Siegen-Wittgenstein im Rahmen der Studie RoutineDeCM das Dementia Care Management eingeführt und seine Wirkung untersucht.
Versorgungsforschung zu Demenz
Mit dem Buch "Angehörige von Menschen mit Demenz: Forschungsergebnisse und Perspektiven" rücken das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen und die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V. die Situation pflegender Angehöriger in den Fokus. Der Sammelband beleuchtet ihre Lebenslage aus wissenschaftlicher Perspektive und stellt erprobte Unterstützungsansätze vor. Auf dieser Grundlage werden Empfehlungen für die Versorgungspraxis, politische Strategien und gesellschaftliche Entwicklungen formuliert.